Die Geschichte der Brezel? Was gibt es darüber schon zu erzählen? Die Brezel ist doch nichts Außergewöhnliches – ein ganz alltägliches Gebäck. Aber es lohnt sich, etwas genauer hinzuschauen. Denn als typisch deutsches Produkt ist sie heute zwar auf der ganzen Welt bekannt, aber um sie ranken sich Mysterien, Legenden und auch manch Kurioses.
Brezelunterschiede
Die Brezel kennt man vor allem im oberdeutschen Sprachraum, d. h. in Süddeutschland, in der Schweiz, in Österreich und Südtirol. Am häufigsten trifft man sie in Süddeutschland als Laugenbrezel. Aber Laugenbrezel ist nicht gleich Laugenbrezel. Denn die regionalen Unterschiede sind groß: So hat die schwäbische Laugenbrezel in der Mitte einen dicken Bauch und an den Enden dünne Ärmchen. Die bayrische Brezel dagegen ist überall gleich dick. Ein wesentlicher Unterschied ist natürlich der so genannten „Ausbund“, den nur die schwäbische Brezel hat. Denn in Baden-Württemberg schneidet man die Brezeln nach dem Laugen aber noch vor dem Backen am „Brezelbauch“ mit einem Längsschnitt ein. Dieser reißt während des Backens auf und erscheint danach weiß. In Bayern dagegen wird die Brezel nicht aufgeschnitten und platzt so unregelmäßig auf.
Auch heißt die Brezel nicht in jeder Region gleich: In Bayern und Österreich heißt sie Breze oder auch Brezn, in der Schweiz und in Oberschwaben sagt man Betzel. Allen Varianten ist allerdings gemein, dass sie sehr alt sind und sich sogar schon für das Mittelalter belegen lassen. Aber woher kommt der Name „Brezel“ eigentlich?
Brezelursprung
Geht man der Geschichte der Brezel nach, kommt man unweigerlich zur Frage: Was bedeutet eigentlich „Brezel“? Das Wort kommt von lateinisch „bracchium“, was „Arm“ bedeutet und auf die Brezelarme hindeutet. Daraus leitete sich das althochdeutsche Wort „precita“ mit vielen Nebenformen wie „brezitella“ oder „brezin“ ab. Hieraus entstand schließlich unser heutiges Wort „Brezel“.
Haben dann die alten Römer tatsächlich auch unsere Brezel erfunden? Gleich vorweg: Die Brezel wurde nicht erfunden. Sie hat sich über die Jahrhunderte entwickelt. Ursprung der Brezel war wohl das so genannte Ringbrot, das man tatsächlich schon im antiken Rom kannte und dort zu kultischen Handlungen aß. Die frühen Christen übernahmen diese Tradition und so war dieses Ringbrot das erste Eucharistiebrot fürs Abendmahl. Bis ins späte Mittelalter hielt sich diese Tradition, aber die Form des Brotes veränderte sich allmählich. Zuerst wurde die Ringform aufgebrochen, dann wurde aus dem offenen Ring im 9. Jahrhundert langsam eine 6, die man schließlich gespiegelt aneinanderlegte und so die heutige Form der Brezel erhielt.
Brauchtumsbrezel
Man erahnt es nun schon: Als Abendmahlsgebäck stand die Brezel ursprünglich bei weitem nicht jedem und jeden Tag zur Verfügung. Sie war ein ganz besonderes Gebäck. Die Mönche waren wohl die ersten, die im 10. Jahrhundert regelmäßig in den Genuss der Brezel kamen, denn auf den klösterlichen Speiseplänen standen oft Brezeln als Festtagsgebäck vor hohen kirchlichen Feiertagen wie Ostern oder Weihnachten. Ihre Festtagsbrezeln gaben die Mönche anschließend oft an Arme und Kinder weiter. Dieses wurde schnell üblich und die Brezel so zur Fastenspeise und schließlich zur Fastenbrezel. Der Brauch der Fastenbrezel hat sich über die Klöster in ganz Europa verbreitet und erheblich zu ihrer Bekanntheit beigetragen.
Weitere Brauchtumsbrezeln sind die so genannten Neujahrsbrezeln, Palmbrezeln, Martinsbrezeln oder auch Hochzeitsbrezeln. Meistens sind sie Glücks- oder Liebesbringer. Eine Besonderheit unter den Brauchtumsbrezeln sind die so genannten Gründonnerstags- oder Karfreitagsbrezeln, die vor allem in der Reutlinger und Uracher Gegend vorkommen. Diesen Brezeln wird besondere Heils- und Segenskraft zugesprochen. Noch heute lebt der Glaube fort, dass man nach Verzehr einer solchen Brezel ein ganzes Jahr vom Fieber verschont bleibt und vor allerlei Hexenwerk geschützt ist.
Brezellegenden
Der Ursprung der Brezel war lange vergessen, darum haben sich viele Legenden um sie gebildet. Eine Legende besagt, dass ein italienischer Mönch um 610 von den gekreuzten Armen seines Mitbruders zur Form der Brezel inspiriert wurde. Dasselbe erzählt man sich allerdings auch von einem Mönch aus dem Kloster St. Gallen.
Die Geschichte der Brezel wäre nicht erzählt, wenn nicht ihre wohl bekannteste Legende um den schwäbischen Hofbäcker Frieder aus Urach auf der Schwäbischen Alb darin vorkäme. Er soll im Jahr 1477 so schlecht gebacken haben, dass es zu einem Lebensmittelskandal kam. Er wurde daraufhin in den Kerker geworfen, normalerweise stand auf eine solche Straftat der Tod. Allerdings stellte der württembergische Graf Eberhard V. Frieder in Aussicht, dass wenn er innerhalb von drei Tagen ein Brot erfand, durch das die Sonne dreimal scheint, so solle er begnadigt werden. Und so erfand Frieder im Angesicht des Todes die Brezel. Und auch die Lauge darf nicht fehlen: Des Bäckers Katze sprang nämlich plötzlich von ihrem warmen Plätzchen auf und ließ dabei Frieders neu erfundenes Brot in eine Wanne mit Lauge fallen. Diese war eigentlich zum Würzen von Suppen und Fisch vorgesehen. Da Frieder aber in Zeitnot war, musste er sein Gebäck nun halt mit Lauge backen. Und siehe da: Graf Eberhard war sehr angetan vom laugigen Brot, durch das die Sonne dreimal scheinen konnte und ließ Frieder am Leben.
Die Geschichte der Brezel
War die Brezel zuerst ein christliches Abendmahlsgebäck, dann ein klösterliches Devotionalgebäck, das zu Beginn der Fastenzeit verzehrte wurde, so wurde sie schließlich zu einer Brauchtumsbrezel, der man viel Magisches zuschrieb. Heute ist sie zum Alltagsgebäck geworden. Als Dauergebäck in Miniaturform gehört die Brezel zum allabendlichen Knabberrepertoire, das man beim Fernsehen nebenbei vernascht. Und dabei merkt man gar nicht, wie viel Brezeln und Geschichte(n) man anschließend im Bauch hat.
Quellen:
Irene Krauß (2017): Das große Buch der Brezel. Wissenswertes, Alltägliches, Kurioses. Tübingen
https://de.wikipedia.org/wiki/Brezel
https://web.archive.org/web/20190327091644/http://www.museum-brotkultur.de/pdf/07Brezeln.pdf